Alle anzeigenSammlung der Forschungsstelle Bilzingsleben
Allgemein
Bezeichnung | Sammlung der Forschungsstelle Bilzingsleben |
Universität | Friedrich-Schiller-Universität Jena |
Universitätsort | Jena |
Museums- und Sammlungsart | Geschichte & Archäologie |
Museums- und Sammlungsform | Forschungssammlung |
Sammlungsschwerpunkt | Anthropologie · Archäologie · Bodenkunde · Geologie · Paläontologie · Paläoökologie · Sedimentologie · Stratigraphie · Ur- und Frühgeschichte |
Externe Links | |
Adresse | Forschungsstelle Bilzingsleben
Am Löbdergraben 24a 07743 Jena |
Kontakt | Prof. Clemens Pasda clemens.pasda@uni-jena.de Telefon: +49 (0) 3641 944895 |
Beschreibung | Hauptsächliche Aufgabe der Forschungsstelle Bilzingsleben ist die Durchführung und Auswertung einer Forschungsgrabung dieser Fundstelle durch Dietrich Mania, Ursula Mania und ein Mitarbeiter-Team im Rahmen einer interdisziplinären Forschung. Es handelt sich um einen Fundhorizont des fossilen Menschen und seiner Kultur, der in mittelpleistozäne Travertine eingelagert ist und auf Grund geologischer Untersuchungen, 234U/230Th- und ESR-Datierungen ein Alter von 350.000 - 410.000 Jahren besitzt. Bisher wurden 1.500 qm des Fundhorizontes ausgegraben. Ca. 5,5 Tonnen Fundmaterial wurden geborgen. In der „Bilzingsleben Sammlung" befinden sich ca. 500.000 registrierte Fundobjekte. Das sind Artefakte aus Stein, Knochen, Geweih und Holz und die Reste der Jagdfauna (Skelettreste von Wirbeltieren). Dazu kommen noch Fossilgruppen wie Mollusken, Ostrakoden, Kleinvertebraten, palynologische Proben, Abdrücke von Pflanzen. Es werden Forschungen zur Geologie, Stratigraphie, Sedimentologie, Pedologie, Paläontologie, Archäologie, Paläoökologie und Anthropologie durchgeführt. Website der Forschungsstelle |
Stand der Informationen | September 2010 |
Bestände
Objektgruppen |
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Bedeutende Teilbestände | Es sind keine nennenswerten Teilbestände aufgeführt. |
Geschichte
Ereignisse |
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Geschichte | 1969 wurde der Fundhorizont entdeckt. Seit dieser Zeit läuft die Forschungsgrabung. Die Grabungskampagnen finden Jahr für Jahr von Juni bis September statt. Der archäologische Fundhorizont im Travertin bei Bilzingsleben wird mit etwa 350 000 bis 400 000 Jahren datiert. Er entstand unter optimalen warmklimatischen Bedingungen, die durch mediterran-subkontinentalen Klimaeinfluß gekennzeichnet waren. Unter diesen Bedingungen entstanden nach Aussage der Pflanzenreste aus den Travertinen in den Berg- und Hügelländern Nordthüringens und des Harzvorlandes Eichen-Buchsbaumwälder, Buchsbaum-Fliedergesellschaften und Formationen des Berberidions. Das Großwild, das sich in dieser Landschaft aufhielt (Waldelefanten-Fauna) war die Existenzgrundlage des frühen Menschen. Dieser hinterließ am Ufer eines kleinen Sees im Travertinbecken seinen Lagerplatz, der uns detailiierte Auskunft über die soziokulturellen Verhältnisse dieses Menschen gibt. Die Befunde und Funde zeigen, daß er fähig war, sich eine eigene Umwelt zu schaffen mit einfachen Wohnbauten, Feuernutzung, verschiedenen Arbeitsplätzen und Aktivitätszonen. Seine Werkzeuge waren nach Rohstoffeigenschaften und Funktionen in Form und Größe differenziert. Sie bestehen einerseits aus Geröllen, andererseits aus Feuerstein, auch aus Knochen, Geweih und Elfenbein. Selbst Artefakte aus Holz kommen vor, z.B. Jagdwaffen, wie Speere und Wurfhölzer, deren Existenz mit Sicherheit jetzt durch die sensationellen Funde von neun derartigen Geräten -die ältesten Holzgeräte der Welt - bestätigt wird, wie sie in einem mit Bilzingsleben gleichaltrigen Fundhorizont bei Schöningen im Nordharzvorland entdeckt wurden (mit Bilzingsleben kooperierendes Projekt von H. Thieme, Landesamt für Denkmalpflege Hannover). Geplante Handlungen und Technologien mit Zielvorstellungen lassen sich nachweisen. Ein gepflasterter Platz mit 9 m Durchmesser und kreisförmigem Umriß mitten im Lagerplatz hatte wohl mehr ideell-kulturelle Bedeutung als eine rein wirtschaftliche. Wir rechnen mit frührituellen Verhaltensweisen, zu denen auch die besondere Behandlung menschlicher Schädel (sehr wahrscheinlich von Verstorbenen) gehört. Intentionelle Gravierungen auf Knochenartefakten verweisen auf die Herausbildung der Fähigkeit zum abstrakten Denken und das Vorhandensein einer Sprache. Aus den Resten zweier zerschlagener Schädel läßt sich er Bilzingslebener Mensch rekonstruieren (nach Prof. E, Vlcek, Prag). Er war demnach ein entwickelter Homo erectus, der besonders auffällig den Homo erectus-Funden Olduvai Hominid 9 aus Ostafrika, Pithecanthropus VIII von Java und Sinanthropus III von Choukoutien/Ostasien gleicht. Er stellt in der Rekonstruktion des Individuums 2 von Bilzingsleben den Prototyp des Homo erectus in Europa dar. Zu dieser Formengruppe des fossilen Menschen gehören auch die Funde von Atapuerca -Gran Dolina (Spanien), Tautavel (Südfrankreich), Vertesszölös (Ungarn), Mauer bei Heidelberg. Bilzingsleben stellt ein Kulturdenkmal von Weltrang dar und sollte auch als solches behandelt und gefördert werden. Unsere Forschungsergebnisse haben die Wissenschaft der menschlichen Evolution außerordentlich bereichert, besonders hinsichtlich der soziokulturellen und geistigen Evolution. Verschiedene Hypothesen werden durch sie in Frage gestellt. Website der Forschungsstelle |
Publikationen
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